Mittwoch, 7. November 2007


Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, den nächsten Eintrag zu verfassen, sobald ich am Sonntagabend nach Hause komme. Denn eigentlich gab es auch sehr viel zu erzählen. Ich hatte z.B. das deutsche Hockeynationalteam kennen gelernt und sie einen Tag lang begleitet. Doch wie das immer so ist, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Geplant für das Wochenende war eigentlich ein Trip nach Kyoto zum Einkaufen, den wir 3 mal verschieben mussten – eben wegen diesem Hockeyteam. Schon leicht angepisst hatten wir dann am Samstagabend erfahren, dass wir am nächsten Tag den Japanern bei einem Theaterstück helfen sollten – einem Deutschen. Jedenfalls ließ ich mich am Sonntagvormittag noch breitschlagen, zu Jusco zu fahren, mit Luis zu essen und etwas einzukaufen.

Als es dann Zeit war, zum Theaterkurs zu fahren, machten wir uns auf den Rückweg. Im Prinzip kann ich mich glaub ich genauso genommen noch daran erinnern, dass ich mein Fahrrad aufgeschlossen habe und dann hinter Luis hergefahren bin. Dann war da nur noch ein sehr sehr lauter Knall und … nichts.

Irgendwie konnte ich dann doch für ein paar Sekunden die Augen öffnen und schaute gegen eine Autodecke. Neben mir Sanitäter und Infusionen. Dann wieder nichts. Und als ich dann das zweite mal die Augen öffnete hörte ich nur, wie mir ein Arzt die Frage stellte, ob er meine Kleidung zerschneiden darf. Währenddessen waren 3 andere Schwestern damit beschäftigt, meinen Schmuck abzusammeln. Alles was ich dachte war: der will mir ernsthaft mein schönes Tshirt zerschneiden? Letztendlich antwortete ich mit: ja…

Und dann waren da plötzlich Christina, Luis und viele andere Leute und ich in einem Bett. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, einfach nur furchtbar schlecht zu schlafen. Doch es dauerte nicht lang, bis ich verstand, was da passiert war. Tatsächlich war ich von einem Auto angefahren worden und mit einem blauen Auge in Form einer gebrochenen Schulter davongekommen. Im ersten Moment dachte ich nur Scheiße. Im zweiten: es ist NUR meine Schulter. Und im dritten: warum ist mir das passiert…?

Vier Tage lang durfte ich auf meine Operation warten. Ganz ernsthaft glaube ich, hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht solche Schmerzen… und das einzige, um was ich mir Gedanken machte war: werde ich jemals wieder Zeichnen können – genauso wie vorher?

Mittlerweile sind weitere 5 Tage vergangen, ich bin eineinhalb Wochen im Krankenhaus und darf am Samstag endlich wieder nach Hause… ich kann es kaum erwarten. Jeden Tag Spritzen, Infusionen, Untersuchungen, Verbandwechseln. Und zu allem Überfluss heute dann noch eine Nachricht, die mich wesentlich mehr mitgenommen hat, als die über meine gebrochene Schulter. Seit dem Unfall habe ich keinerlei Geruchs – oder Geschmackssinn. Die Ärzte meinten, dass sei aufgrund der Medikamente, die ich täglich nehmen muss. So wie es scheint, waren die Schwestern heute aber doch recht überrascht, dass ich immer noch nicht schmecken und riechen kann. Also wurde ich zu einem anderen Arzt geschickt. In gebrochenem Englisch konnte der mir dann allerdings klarmachen, was los ist. Beim Unfall habe ich neben der gebrochenen Schulter auch noch eine Kopfverletzung davongetragen, die aber eigentlich nicht weiter tragisch ist. Dennoch scheint durch den Aufprall der Geruchsnerv gequetscht worden sein. Durch diesen Schaden hab ich auch meinen Geschmack verloren. So weit so gut, dachte ich, doch dann sagte mir der Arzt, dass es sein kann, dass das nicht wieder normal wird…

Und jetzt sitz ich hier, irgendwie verzweifelt, furchtbar traurig und aufgeschmissen, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann, wie es ist, ein Leben lang nichts zu schmecken und zu riechen. Sicher ist es kein Todesurteil aber irgendwie doch ein harter Schlag. Das einzige, was ich mich die ganze Zeit frage ist: warum? Warum ich? Was hab ich getan? Und irgendwie wollen mir keine Antworten einfallen. Ich glaube, dass sich wirklich keiner vorstellen kann, wie es ist, nichts zu riechen oder zu schmecken. Das ist nicht einfach wie eine Erkältung, das ist einfach… anders. Und ich kann rein gar nichts tun, ich kann nur warten und hoffen, dass alles wieder so wird, wie vor dem 28.10. 2007…

Ich glaube, mittlerweile war fast jeder hier, der mich kennt. Nicht nur meine Freunde kommen mich jeden Tag besuchen und kümmern sich wirklich lieb um mich, sonder auch meine Professoren haben mich schon besucht und mir viele Süßigkeiten, Filme und Blumen dagelassen. Sogar die Leute vom Auslandsamt waren da, das hat mich doch sehr gerührt. Heute habe ich dann zum zweiten mal eine Segnung bekommen, mit der Hoffnung, dass ich meinen Geruchs- und Geschmackssinn wieder zurückbekommen werde. Ich glaube, mittlerweile würde ich fast alles dafür tun.

Mein Arm tut morgens immer höllisch weh und ich kann mir noch gar nicht vorstellen wie es ist, wenn ich am nächsten Montag wieder zur Uni gehen soll. GEHEN, denn mein Fahrrad ist nur noch halbsogroß wie vorher und ein Schrotthaufen. Davon mal abgesehen könnte ich eh nicht fahren, denn meinen Arm kann ich nicht wirklich benutzen. Ich bin froh, dass ich wenigstens etwas Schreiben kann, zeichnen kann und ja, wie man sehen kann, auch tippen kann. Im nächsten Jahr muss ich nocheinmal operiert werden, dann wird das ganze Eisenzeug bis auf ein oder zwei Nägel wieder entfernt. Neben den ganzen blauen Flecken, Blutergüssen und Schürfwunden, die in ein paar Wochen verschwunden sein werden, werde ich ab sofort 7 neue Narben an meiner rechten Schulter haben… aber wie gesagt, ist es nicht wirklich das, was mir Sorgen macht…

Posted by Eingestellt von Akami um 07:12
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1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo. Ich bin jetzt 18 Jahre alt. Vor etwa 9 Jahren wurde ich auch von einem Auto angefahren (ich war zu Fuß unterwegs). Bei mir war ebenfalls die Schulter gebrochen. Ich wurde aber nicht operiert. Der Bruch heilte innerhalb von 6 Wochen von selbst und ich hatte keine Schmerzen (nur wenn ich meinen Arm bewegt hatte). Sie müssen ja einen komplizierten Bruch gehabt haben.